Unsichtbares sichtbar machen

Visuelle Kunst ist nicht das einzige Genre, in dem der Fürstenfelder Maler Franz Landl zuhause ist, aber es ist jene Ausdrucksform, in der er international am besten bekannt ist.

 Im Sommer 2016 war Franz Landl mit einem seiner Werke in der Ausstellung „A Legacy of Light. Generations of Vision“ auf der Burg Gloggnitz vertreten – in der Gesellschaft so illustrer Meister des Phantastischen Realismus wie Ernst Fuchs oder Rudolf Hausner, aber auch internationaler Vertreter einer Kunst, die im Feld zwischen Surrealismus, M. C. Eschers Grafikkunst und Victor Vasarelys Op-Art angesiedelt werden könnte. Landls Beitrag in Gloggnitz – das Bild „Der Fiddler“ – zeigt Seifenblasen, die durch das Bild schweben, eine hölzern wirkende Doppelhelix in der Diagonale, einen löchrigen grünen Hut … Erst bei längerer Betrachtung schält sich nach und nach aus diesen Einzelteilen ein Ganzes heraus, und man sieht plötzlich einen Geigenspieler vor sich. „Ich mag diese Art Vexierbilder, wo man erst, wenn man umdenkt, die zweite Ebene im Bild sieht“, erklärt der Maler, der im aktuellen „Who is Who in Visual Art“ zu den 101 Künstlern gehört, die das Genre der Visual Arts repräsentieren.

Vexierbild mit Geigenspieler: Franz Landls "Fiddler" (Ausschnitt).
Vexierbild mit Geigenspieler: Franz Landls „Fiddler“ (Ausschnitt).

Zwischen Mittelmeer und Fürstenfeld

Franz Landl, Jahrgang 1952, lebt und arbeitet in seiner Geburtsstadt Fürstenfeld, die trotz längerer Aufenthalte auf Ibiza, in Marokko, in Griechenland, Tschechien und Kroatien immer seine Homebase blieb. „Im Mittelmeerraum fasziniert mich vor allem das Licht und das Flair der Antike, über die man fast an jeder Ecke stolpert. Auch die Ruhe, Freundlichkeit und Gelassenheit der Menschen dort“, sagt Landl. „Fürstenfeld ist der Ort, wo ich geboren und aufgewachsen bin, und wo ich viele Freunde habe. Ich mag die sanften Hügel und Wälder der Umgebung und die übersichtliche Größe der Stadt.“

Im Herbst 2015 widmete ihm die städtische Galerie von Fürstenfeld eine Personale mit dem Titel „Auf der Suche nach Arkadien“. Die oststeirische Stadt ist künstlerisch vor allem für ihren Beitrag zur österreichischen Popgeschichte bekannt; und auch Landl hat als junger Mann sein Scherflein zu dieser Geschichte beigetragen: Als gelernter Setzer mit grafischen Ambitionen schuf er 1969 das Plakat für den ersten Auftritt der späteren Kultband „Magic“; für die regionalen Szenegrößen „Music Machine“ machte er ebenso Plakate, und bei der schrägen Rock-Formation „Mashuun“ (der unter anderem Gert Steinbäcker angehörte) bediente er zeitweise das Mischpult. Mitte der 1970er kam Franz Landl nach einer grafischen Ausbildung schließlich zur Malerei und erlernte die Lasurtechniken der Alten Meister. In der Folge half er in den Ateliers von Künstlern wie Karl Goldammer, Walter Pichler oder Christian Ludwig Attersee mit. „Ich habe mir als Autodidakt von diesen Leuten viel abgeschaut.“

Während eines längeren Aufenthaltes in Marokko entdeckte Landl in den frühen 1980ern die ornamentale Kunst des islamischen Landes. Ab da floss das Ornamentale in die psychedelischen Welten ein, die er in seinen frühen Tableaus skizzierte. Bestes Beispiel ist das Bild „Der Drache bewacht den Schatz“ aus dem Jahr 1981, wo sich um das Fantasy-Motiv in der kreisrunden Mitte Mandala-artige Muster ranken. „Der Mensch lebt nicht nur in der sichtbaren Welt, sondern auch in einer unsichtbaren Welt der Empfindungen“, beschreibt Franz Landl sein Verhältnis zur Kunst generell. „Ich bin immer wieder überrascht und begeistert von den Geheimnissen, die sich in Musik, in Bilder oder Literatur verbergen. Bei meinen Arbeiten versuche ich, die dem Chaos innewohnende Ordnung zu entdecken, die sich in jedem Bild verbirgt.“ Für diese Bemühungen wurde er im Jahr 2000 vom deutschen Forschungsinstitut Bildender Künste (FBK) mit der Rembrandt-Plakette ausgezeichnet.

Collagen, Stadtansichten, fotorealistische Malerei

Die phantastischen Welten sind nicht das einzige Terrain, auf dem sich der Künstler bewegt. In der gemeinsamen Wohnung von Franz Landl und seiner Ehefrau Duša Erac, einer aus Kroatien stammenden Künstlerin, hängen auch Collagen, die wie grobe Malereien wirken, aber in Wahrheit aus Zeitungs- und Zeitschriftenschnipsel zusammengesetzt sind und nur leicht übermalt wurden; auf Mauervorsprüngen lehnen kleinformatige Stadtansichten, die Fürstenfelder Straßenansichten der 50er- und 60er-Jahre zeigen; auch ein fast karikaturhaftes Gemälde, auf dem Ex-Vizekanzler Josef Pröll umringt von Kuh, Hund und Affe zu sehen ist – entstanden während der mehrwöchigen Hörsaalbesetzung an der Uni Wien anno 2010 –, wird aus einem Stapel hervorgezogen; in der Küche hängen fotorealistische Gemälde und Aquarelle von Hanfblüten, die Landl unter anderem in der Schweizer Hauptstadt Bern zeigte, wo er gemeinsam mit Underground-Comic-Starzeichner Gilbert Shelton eine Ausstellung bestritt.

Franz Landl im Atelier
Franz Landl im Atelier vor seinem Bild „Die Studentendressur“.

Durchlässige Realität

Landls Markenzeichen sind aber seine phantastischen Bilder, die in Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Ungarn, Frankreich, Kroatien und den USA zu sehen waren und die von Bands in Deutschland und Neuseeland als Artwork für ihre Alben verwendet wurden. Für Landl persönlich die vielleicht wichtigste Ausstellung fand 1995 in Sarajewo statt. Die Personale des Fürstenfelders war eine der ersten Ausstellungen ausländischer Künstler, die nach dem Friedensschluss in Sarajewo gezeigt wurde, und die auf ihre Weise sehr gut in die noch vom Krieg schwer gezeichnete Stadt passte, erzählen sie doch von einer anderen Wirklichkeit.

In Landls phantastischen Bildern ist die Realität meist durchlässig: Die Körper sind durchlöchert, durchsetzt von Leerstellen, die aber aus der Entfernung betrachtet doch wieder ein Ganzes ergeben. „Als diese Elemente in meine Bilder einkehrten, habe ich mich gefragt, ‚Wieso mache ich das jetzt so?‘ – Die Antwort ist vielleicht: Ich versuche die Realität aufzulösen, um eine neue Realität zu generieren.“ Früher geschah das auf der Grundlage von Farbskizzen, die er anfertigte, bevor er zu malen begann; mittlerweile bringt der Künstler seine Ideen ohne diesen Zwischenschritt direkt auf die Leinwand, arbeitet über Wochen hinweg oft mehrere Stunden am Tag an einem Bild. „Man fällt beim Malen hinein wie in ein Mandala“, sagt Landl. „Der zeitlose Zustand während des schöpferischen Prozesses ermöglicht mir, nicht Sichtbares sichtbar zu machen.“

Franz Landls Bilder im Internet: https://www.facebook.com/artgallerylandl/

Werner Schandor


Dieser Text ist in der Reihe ARTfaces erschienen.

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